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Meinung

Georg Strohmeyer: Regionalität ist kein Deckmäntelchen

Bayern

Küchenchef des Hotel Zugspitze rechnet mit Veränderungen beim Denken, Anspruch und Handeln

Georg Strohmeyer

„Es bricht eine Zeitenwende an – auch bei Restaurantbesuchen und der Ernährung ganz allgemein“, glaubt Georg Strohmeyer, Küchenchef des Hotel Zugspitze in Garmisch-Partenkirchen. Ideen wie „Weniger ist mehr“ oder die „Küche der kurzen Wege“ praktiziert er schon lange, nun aber sieht er epochale Veränderungen beim Denken, Anspruch und Handeln der Gesellschaft und auch seiner Gäste anstehen. Für die „neue Zeit“ fühlen er und sein Team sich bestens gerüstet: nämlich mit „bewusstem“ Genuss.

„Man muss das Rind oder Schwein nicht persönlich und mit Namen gekannt haben, um sicher zu sein, dass es ein gesundes, umweltverträgliches und einigermaßen artgerechtes Leben geführt hat“, sagt Georg Strohmeyer, seit 2016 Küchenchef der Restaurants „Zugspitz Stad’l“ und „Joseph Naus Stub’n“ im Hotel Zugspitze. „Es genügt, ein vertrauensvolles Verhältnis zu demjenigen zu haben, der es gehalten und geschlachtet hat.“ Tatsächlich ist der leidenschaftliche Koch nicht auf Du mit all den Vierbeinern, Fischen und Federviechern, die auf seinen Tellern landen. Doch wo sie herkommen – das weiß er ganz genau. Und zu allen Bauern, Landwirten oder Züchtern, die seine Küche beliefern, pflegt er ein enges, ja freundschaftliches Verhältnis. „Wir sind Partner und voneinander abhängig, da muss man sich vertrauen können – schließlich stehe ich mit meinem Namen auch bei unseren Gästen für Qualität.“

Dass diese Philosophie für Strohmeyer kein Lippenbekenntnis ist, hat er unlängst im Rahmen der coronabedingten Schließung seiner beiden Restaurants bewiesen: Über mehrere Wochen brachte er sich als „Praktikant“ und Gemüsebauer bei der nahen Gärtnerei „Garten Eden“ in Ohlstadt ein, die auch zu den Lieferanten des Hotel Zugspitze gehört, und pflanzte Kohlrabi, Brokkoli, Rettich, Karotten, Wirsing und Salat. „Eine tolle Erfahrung, wenn man am eigenen Leib erfährt, wie viel Arbeit doch in solch‘ ‚unspektakulären‘ Produkten steckt“, resümiert er. „Das verändert schon die eigene Wertschätzung Lebensmitteln gegenüber.“

Regionalität: Selbst Garnelen gibt es inzwischen „made in Bavaria“

Überhaupt ist der 34-Jährige davon überzeugt, dass dieses globale Pandemie-Ereignis auch verschiedene epochale Veränderungen bei der Lebensweise und -einstellung der Menschen mit sich bringen wird: „Dazu gehört auch die radikale Neugestaltung unserer Ernährung. Den Trend dahin gab es zwar auch schon vorher, doch jetzt stehen Ideen wie ‚Weniger ist mehr‘, ‚Küche der kurzen Wege‘, nachhaltig produzierte Lebensmittel oder der gänzliche Verzicht auf Chemie und Antibiotika – um nur einige zu nennen – ganz hoch im Kurs. Das ist erfreulich – und wir sind auf jeden Fall dabei.“ Für das Hotel und seine Küche war das Attribut „Regionalität“ jedoch noch nie ein PR-„Deckmäntelchen“: Großhändler und -märkte beispielsweise sind für Strohmeyer beim Kauf von Frischeprodukten kein Thema. Warum auch? „Unsere Region hält so viele tolle Rohstoffe für unser Spielfeld bereit – und wenn es tatsächlich mal Oktopus, Papaya oder Muscheln sein sollen: Ohnehin selten genug auf unserer Karte, so kommen diese ‚Exoten‘ dann stets von vertrauenswürdigen Importeuren. Und selbst Garnelen beispielsweise gibt es inzwischen ja auch schon ‚made in Bavaria‘.“

Aus Respekt vor dem Tier: Weniger ist mehr

Dieses Konzept setzt sich auch beim Speisenangebot in dem vom Michelin mit dem Bib Gourmand ausgezeichneten Hotel Zugspitze fort: Nur vier bis fünf Standard-Gerichte sowie ein abendliches Menü mit verschiedenen Hauptgang-Optionen stehen zur Wahl. So muss weniger vorgehalten und tiefgefroren werden, und egal für was der Gast sich entscheidet: es ist zu 100 Prozent frisch, hoch professionell und mit Leidenschaft zubereitet. „Speisekarten, mit 30 verschiedenen ‚Monster-Schnitzeln‘ zu Kampfpreisen, die sich ohnehin nur durch eine andere Soße unterscheiden und am Ende nur zur Hälfte aufgegessen werden, sollten endgültig der Vergangenheit angehören“, findet Strohmeyer. „Dies allein schon aus Respekt vor dem Tier, das sein Fleisch für uns zur Verfügung stellen muss.“

 

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